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Himmelhoch

Den Feiertag verbringe ich auf Knien: 

Christi Himmelfahrt, und ich stecke bis zu den Ellenbogen in der Erde. Grabe ein, buddele aus, mache Luft.

Während ich das Chaos in den Töpfen beseitige, räume ich gleichzeitig in meinem Kopf auf.

Regelmäßig sammelt sich auch hier allerhand an, was mir den Durchblick verstellt, mir über den Kopf wächst und den guten Ideen die Luft zum Atmen nimmt. Auch wenn ich nur ein paar Kübel und schmale Erdstreifen zu beackern habe und alles andere als eine gute Gärtnerin bin: Das Buddeln und Graben am Boden der Tatsachen ist genau das richtige für Leute wie mich, die immerzu mit den Gedanken unterwegs sind und Luftschlösser bauen.*

Und so gehe ich demütig an die Arbeit: Bestaune Knospen, begieße Neuankömmlinge und beweine die Dahingeschiedenen, deren vorzeitigen Gartentod ich ganz allein durch meine Planlosigkeit verschuldet habe. 

 

Über mir und meiner Gießkanne spannt sich der blaueste Himmelfahrtshimmel, den man sich nur vorstellen kann: 

Azzurro, wolkenlos. 

Es summt und brummt und die Amsel in der Hecke gegenüber zwitschert sich die Seele aus dem Leib. 

Ich buddele mich weiter durch die warme Erde, lege hier und da ein Vermissen zu den Wurzeln, begrabe düstere Gedanken, mache der Hoffnung ein hübsches Beet und mir selber eine Wärmflasche für den knirschenden Rücken.

Man ist ja keine zwanzig mehr. 

 

Die Amsel pfeift mir noch eins und schwingt sich davon ins Himmelblau. 

 

 

 

Mit diesem kleinen Textchen verneige ich mich vor meiner Namensschwester und Schreib-Ikone Meike Winnemuth.

Bereits ihr Weltreise-Buch "Das große Los" habe ich verschlungen und bin mit ihr um den Globus gedüst.

"Bin im Garten", ihr Buch vom Ankommen und Wurzeln schlagen, besteht bei mir inzwischen fast nur noch aus markierten Absätzen und Anmerkungen, die - aufs Wesentliche zusammengefasst - aus heftig nickender Zustimmung bestehen.

Auch für entschiedene Gartenmuffel eine echte Leseempfehlung von mir.

 

 

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